
Derzeit befinden sich zwei wichtige Planwerke in der öffentlichen Auslegung, und zwar bis zum 26.05. die 8. Änderung des Flächennutzungsplans (FNP) der Gemeinde Papendorf und bis zum 30.05. der Entwurf des Bebauungsplans „Wohngebiet Nobelstraße“ der Hansestadt Rostock mit allerletzten Änderungen vom 31.03.2025.
Zu beiden Planwerken können Stellungnahmen abgegeben werden, die anschließend von den beiden Kommunen bei der Abwägung öffentlicher und privater Interessen bewertet werden müssen. Das jeweilige Abwägungsergebnis wird dann ein wesentlicher Bestandteil der abschließenden Satzungsbeschlüsse.

Ein drittes Planwerk, der nochmals geänderte Entwurf des Bebauungsplans „Am Schwanen-Soll“ der Gemeinde Papendorf, wird demnächst ebenfalls erneut öffentlich ausgelegt. Wer sich vorab über die geänderten Inhalte informieren möchte, findet hier einige Unterlagen.
Alle Unterlagen zur 8. Änderung des FNP der Gemeinde Papendorf findet man hier im Bauportal MV. Die Änderung ist u. a. deswegen notwendig, weil der Bereich des Bebauungsplans „Am Schwanen-Soll“ im rechtskräftigen FNP noch als Landwirtschaftsfläche ausgewiesen ist und der B-Plan folglich nicht aus dem FNP entwickelt werden könnte (§ 8 (2) BauGB). Daher soll die bisherige Landwirtschaftsfläche zu einer Wohnbau- und Sondergebietsfläche umgewandelt werden.
Allerdings ist nach Landesraumentwicklungsprogramm (LEP M-V 2016) diese Umwandlung grundsätzlich gar nicht möglich. Die Ackerflächen im Bereich des B-Plans „Am Schwanen-Soll“ weisen überwiegend 50-er Wertzahlen auf. Gemäß LEP-Programmsatz 4.5 (2) gilt: „Die landwirtschaftliche Nutzung von Flächen darf ab der Wertzahl 50 nicht in andere Nutzungen umgewandelt werden. (Z) Hiervon ausgenommen sind die in Abbildung 22 genannten Nutzungen.“ (vgl. S. 57 ff im Textteil des LEP M-V 2016).
Alle in der genannten Abbildung 22 aufgeführten Ausnahmegründe treffen hier jedoch nicht zu. Das LEP ist eine Rahmenplanung, deren Regelungsinhalt bei der nachrangigen Bauleitplanung verbindlich einzuhalten ist. Der zitierte Programmsatz wird in der Begründung zum Änderungsentwurf des FNP schlicht unterschlagen. Bezeichnend ist auch, dass sich in den bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen zum Vorentwurf das Amt für Raumordnung und Landesplanung Region Rostock in seiner Stellungnahme vom 15.04.2024 zu der geplanten Änderung beim „Schwanen-Soll“ überhaupt nicht äußert und statt dessen auf zwei Schreiben von Dezember 2022 verweist, die jedoch nicht Bestandteil der ausliegenden Unterlagen sind. Auch der Landkreis Rostock, Amt für Kreisentwicklung, kann in seiner Stellungnahme vom 15.04.2024 keinen Widerspruch zu der Festlegung des LEP erkennen.
Der Planungsverband Region Rostock hat im Januar 2024 in seinem ersten Entwurf zur Neuaufstellung des Regionalen Raumentwicklungsprogramms solche hochwertigen Ackerflächen als „Vorbehaltsgebiete für die Landwirtschaft” konkretisiert und in der Karte 8 dargestellt. Daneben stellt der Planungsverband auch digitale Umringsdaten zum Download bereit:

Im Textteil des Entwurfs legt der Planungsverband auf Seite 29 fest:
„Z (2) Planungen zur Umnutzung und Überbauung von Flächen mit besonders hochwertigen Böden innerhalb der Vorbehaltsgebiete für die Landwirtschaft sind unzulässig. Ausnahmsweise zulässig sind Planungen und Maßnahmen, die der Landesverteidigung oder der öffentlichen Sicherheit und Gefahrenabwehr dienen. Ausnahmsweise zulässig sind darüber hinaus Planungen von Verkehrswegen und Leitungen sowie von Siedlungserweiterungen der zentralen Orte, wenn keine Alternativen mit geringeren Eingriffen in die Umwelt und in den Boden vorhanden sind.“
Zur Begründung führt der Planungsverband aus:
„(2) Umnutzungsverbot für besonders hochwertige Böden. Als besonders hochwertig gelten Böden mit einer Wertzahl ab 50. Diese kommen insbesondere in den Vorbehaltsgebieten für die Landwirtschaft in größerem Umfang vor. Generell unzulässig sind hier Planungen zur Umnutzung solcher Böden, wenn mehr als fünf Hektar Fläche mit einem Bodenwert über 50 betroffen sind und wenn diese besonders hochwertigen Böden mehr als ein Drittel der zur Umnutzung vorgesehenen gesamten Planfläche umfassen. Beide Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um das Umnutzungsverbot zu begründen.“ (siehe S. 30 im Textteil)
Vorliegend sind beide Voraussetzungen erfüllt: Die zur Umnutzung vorgesehene Planfläche umfasst ca. 14,2 ha, darin enthalten sind ca. 8,7 ha Ackerland mit 50-er Wertzahlen. Das sind über 60 %.
„Das Umnutzungsverbot soll streng angewandt werden, aber nicht zu einem unverhältnismäßigen Planungshindernis ausarten. Die Anlage neuer Infrastrukturen muss ebenso möglich bleiben wie die Entwicklung neuer Siedlungsflächen im direkten Umfeld der zentralen Orte. In beiden Fällen muss sich die Planung jedoch auf eine qualifizierte Prüfung möglicher Alternativen gründen, in der allgemeine Umweltbelange, Aspekte der Wirtschaftlichkeit und gegebenenfalls des Städtebaus fachlich bewertet werden und im Ergebnis dieser Bewertung den Belang des Bodenschutzes klar überwiegen. Für Siedlungserweiterungen gilt darüber hinaus die Voraussetzung, dass sie im Anschluss an den bestehenden Siedlungskern des betreffenden Zentralortes geplant werden. Ohne weitere Voraussetzungen zulässig sind generell solche Ausnahmen, die sich auf unabweisbare Erfordernisse der Landesverteidigung oder der öffentlichen Sicherheit und Gefahrenabwehr gründen.“
Eine „qualifizierte Prüfung möglicher Alternativen“ wurde weder durch die Gemeinde Papendorf, noch durch die Hansestadt Rostock vorgenommen, wobei die Stadt vorrangig in der Pflicht gewesen wäre, da das neue Wohngebiet „städtebaulich dem Siedlungskörper der Kernstadt Rostock zuzuordnen“ ist. Bei der Suche nach möglichen Alternativstandorten für die 400 im Bereich „Am Schwanen-Soll“ geplanten Wohneinheiten wäre man mit Sicherheit fündig geworden, z. B. im Ortsteil Groß Klein an der Hermann-Flach-Straße, wo erst kürzlich der Aufstellungsbeschluss für ein neues Wohngebiet gefasst wurde. Im Sinne einer an den Bedürfnissen der Menschen orientierten Stadtplanung wären dort die Wohneinheiten auch wesentlich besser plaziert, da die zukünftigen Arbeitsplätze (Smulders, Wasserstoffwirtschaft) fast ausschließlich im Nordwesten und im Nordosten entstehen werden. Die einzige stadtplanerisch halbwegs sinnvolle Begründung für den Standort „Am Schwanen-Soll“ am äußersten südlichen Zipfel des Stadtgebiets wäre die Nähe zur Straßenbahnendhaltestelle „Südblick“. Solche Endhaltestellen liegen aber eigentlich immer irgendwo am Stadtrand bzw. am Rand bebauter Gebiete. Demnach dürfte das Stadtgebiet überall bei den Endhaltestellen weiter in das Umland wuchern (und die Endhaltestellen würden natürlich irgendwann hinterher wandern).
Über die tatsächlichen Gründe für die Ausweisung eines neuen Baugebiets auf dieser hochwertigen landwirtschaftlichen Nutzfläche außerhalb der Stadtgrenze kann man nun spekulieren. Die Rechtmäßigkeit dieser Planung ließe sich vermutlich nur über ein sogenanntes Zielabweichungsverfahren herstellen.
Zur Planung der Hansestadt Rostock: Nachdem in der Sitzung des Bau- und Liegenschaftsausschusses vom 25.03. die Auslegung des Entwurfs des Bebaungsplans Nr. 13.W.189 „Wohngebiet Nobelstraße“ ungeändert beschlossen wurde, hat auch die Bürgerschaft am 26.03. der ungeänderten Auslegung zugestimmt. Alle Änderungsanträge des Ortsbeirats Biestow wurden verworfen. Wer sich die Redebeiträge der Bürgerschaftssitzung im Einzelnen noch einmal ansehen möchte, findet weiter unten die entsprechenden Links.
Alle ausliegenden Unterlagen können hier vom Portal mv.bauleitplanung-online.de heruntergeladen werden. Während der oben genannten Frist kann jeder eine Stellungnahme abgegeben, auch per Mail an stadtplanung@rostock.de.
Gegenüber dem Planungsstand vom 15.01.2025 wurden in die Planzeichnung noch einige Änderungen eingearbeitet:
- Der Geh- und Radweg an der Nordostecke des Plangebiets passt nun mit der Papendorfer Planung zusammen.
- Zwischen den Baufeldern 2 und 4 wurde der im Wohnpark vorhandene befestigte Weg bis zur Planstraße A verlängert.
- In den Baufeldern 2 und 4 wurde für jeden Baublock eine individuelle maximale Bauhöhe über dem Bezugshöhenpunkt festgesetzt.
Direkt angrenzend an die am Sildemower Weg mit einem Vollgeschoss errichtete Wohnbebauung dürfen die zukünftigen 3-geschossigen Flachbauten nun mit einer maximalen Höhe von 11,5 m über dem jeweiligen Höhenbezugspunkt geplant werden, wobei die tatsächlichen Höhen dieser Bezugspunkte erst bekannt sind, wenn die Ausführungsplanung für den Straßenbau vorliegt. Wegen der im Bereich der Baufelder 1 bis 4 vorhandenen Senke wird dort vermutlich eine Geländeanhebung geplant werden müssen:

Im Ergebnis wird z. B. die Höhe der zukünftigen Grundstückszufahrt zum Baufeld 2 bei etwa 35,9 m und der obere Gebäudeabschluss der 3-Geschosser entsprechend bei 47,4 m liegen. Die an das Baufeld 2 angrenzenden eingeschossigen Wohngebäude am Sildemower Weg Nr. 4 bis 8 haben nach Daten des LAiV Traufhöhen zwischen 37,15 und 42,09 m (jeweils DHHN2016).
Faktisch ändert sich durch diese zusätzliche Festsetzung überhaupt nichts. Es bleibt weiterhin der Phantasie der Architekten überlassen, wie man ein Wohngebäude mit 3 Vollgeschossen und Flachdach auf eine Höhe von 11,5 m über Gelände hochziehen kann (z. B. indem man ein zusätzliches Garagengeschoss mit einer lichten Raumhöhe von unter 2,3 m integriert, das dann nicht als Vollgeschoss zählt).
Im Vorgriff auf die demnächst stattfindende erneute Auslegung des Papendorfer B-Plans „Am Schwanen-Soll“ lohnt sich auch ein Blick in die bereitgestellten Anlagen, z. B. in die Schalltechnische Untersuchung des „Akustik Labor Nord“ vom 25.08.2023 nebst der ergänzenden Schalltechnischen Stellungnahme vom 17.09.2024.
In der Untersuchung steht auf Seite 7 der Satz: „Für die Bebauung innerhalb des in Aufstellung befindlichen, benachbarten Bebauungsplanes Nr. 24 „Am Schwanen-Soll“ wird die vorgesehene Bebauung entsprechend des städtebauliches Konzept (Stand vom 11.01.2023) berücksichtigt. Abweichend vom vorliegenden städtebaulichen Entwurf wird für das sonstige Sondergebeit 1 (SO1) mit der Zweckbestimmung „Nahversorgung“ der überarbeitete Planungsstand vom 22.03.2023 zugrunde gelegt.“ Und auf Seite 8 wird behauptet: „Der so modellierte Lastfall kann als schalltechnischer Ansatz zur sicheren Seite angesehen werden, da hinsichtlich der berücksichtigten Schallquellen Abschätzungen zur sicheren Seite eingerechnet werden.“
Der oben genannte Planungsstand ist nicht mehr aktuell. Nach dem am 15.06.2023 veröffentlichten Planungsstand vom 07.06.2023 war im SO1 an der Nordseite des Gebäudes überwiegend eine maximale Bauhöhe von 10 m vorgesehen und nicht, wie jetzt neu festgesetzt, eine durchgehende Höhe von 17 m. Entsprechend dürften sich auch die Schallreflektionen der üblichen Lärmquellen (Müllbeseitigung, ebenerdige Kühlaggregate usw.) erhöhen. Die von den Gutachtern berücksichtigten maßgeblichen Schallemissionsorte findet man in der Anlage 2. Neben der eingehausten Laderampe und den Aggregaten auf dem Dach ist dort nur ein Punkt mit einer kurzzeitigen Geräuschspitze der zischenden LKW-Druckluftbremse dargestellt (nicht aber das durchdringende piepsende Warnsignal beim Rücksetzen an die Laderampe).
Das Rostocker Amt für Umwelt- und Klimaschutz, Abt. Immissionsschutz und Umweltplanung, hat in seiner Stellungnahme vom 14.08.2024 darauf hingewiesen, dass aus seiner Sicht „die schalltechnischen Annahmen für einen großflächigen Einzelhandel nicht zur sicheren Seite hin getroffen [wurden]. Aufgrund der unmittelbaren Nähe zwischen der Wohnbebauung und der gewerblichen Einrichtung ist von immissionsschutzrechtlichen Konflikten auszugehen, die im nachgelagerten Genehmigungsverfahren nur über umfangfangreiche Einschränkungen gelöst werden können.“ (Blatt 9 der „umweltbezogenen Stellungnahmen, Seite 4 des Anschreibens).
Mit „Wohnbebauung“ ist hier nur die geplante Bebauung im Neubaugebiet gemeint. Die vorhandene Wohnbebauung am Sildemower Weg kommt in dem Untersuchungsrahmen und auch in der Stellungnahme des Akustiklabors vom 17.09.2024 gar nicht vor. Die Gutachter haben in ihrer Stellungnahme die Bedenken des Amtes im Wesentlichen „weggebügelt“. Nach der letzten Änderung des Bebauungsplans „Am Schwanen-Soll“ ist nun auch die Errichtung eines Lärmschutzwalls an der Nordseite des SO1 zur Abschirmung der Wohnbebauung am Sildemower Weg nicht mehr möglich, da der in Frage kommende Grünstreifen zwischenzeitlich als „Fläche, die von Bebauung freizuhalten ist“ mit der Zweckbestimmung „Gewässerrandstreifen“ festgesetzt wurde. Dort darf also auch kein Lärmschutzwall errichtet werden.
Zur Bürgerschaftssitzung vom 26.03.2025 findet man hier die einzelnen Redebeiträge
- von Herrn Peter Müller für den Verein „Leben in Biestw“ e. V. (der nach einem Geschäftsordnungsantrag von Frau Dr. Bachmann doch noch Rederecht erhielt),
- von Herrn Dr. Stefan Posselt, der zu den Änderungsanträgen des Ortsbeirats Biestow zusätzliche Erläuterungen vorgetragen hat,
- von Frau Andrea Krönert (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.Volt), die mit einer ausladenden und teils recht merkwürdig anmutenden Begründung den ungeänderten Entwurf verteidigte, gefolgt
- von einer eher rhetorischen Frage ihres Fraktionskollegen Herrn Uwe Flachsmeyer und einem kurzen Lebenszeichen des BSW, vorgetragen
- von Herrn Lajos Orban (Bündnis Sahra Wagenknecht), sowie abschließend
- von Frau Dr. Sybille Bachmann (Rostocker Bund), die den endgültigen Charakter des Bürgerschaftsbeschlusses hervorgehoben hat und daher die Änderungsanträge des Ortsbeirats befürwortete.