Wäre Monika ein Auto

Wäre Monika ein Auto, dann hätte er sie nicht bedrängt. Aber sie ist ein Mensch.

Was ist geschehen?

Im Vorfeld

Der für den erlaubten Verkehr unzureichende Damerower Weg zwischen Biestower Damm und Satower Straße wurde im Oktober 2024 durch die Straßenverkehrsbehörde- und baulastträger der Hansestadt Rostock mit den Straßenverkehrszeichen 260 „Verbot für Krafträder, auch mit Beiwagen, Kleinkrafträder und Mofas sowie für Kraftwagen und sonstige mehrspurige Kraftfahrzeuge“ mit Zusatzzeichen „Anlieger frei“, mit dem Zeichen 274 Zulässige Höchstgeschwindigkeit 10 km/h, mit dem Zeichen 286 Eingeschränktes Haltverbot, mit dem Zeichen 357 Sackgasse mit darüber befindlichen Piktogramm Fahrrad und Mensch ausgestattet. Obwohl die sehr vielen Verkehrsschilder nicht da stehen, wo jeder sie erwarten könnte, können sie trotzdem bei Gehgeschwindigkeit gesehen und gedeutet werden.

Warum wurde die zulässige Höchstgeschwindigkeit auch für Rad- und Gartenverkehr angeordnet?

Die Abteilungsleiterin Verkehrsbehördliche Aufgaben, Ellen Eger, begründet dies folgendermaßen:

„Die Straße Damerower Weg ist in einem schlechten Zustand. Besonders der Bereich zwischen dem Biestower Damm und der Neuen Reihe ist nach reichlich Niederschlag mit Pfützen und Unebenheiten versehen. Dies erschwert die Befahrung der Straße. Besonders für Radfahrer ist die Befahrung dadurch erschwert. Mithin ist die Fahrbahn sehr eng, sodass Begegnungsverkehr ohne Ausweichstellen schlecht stattfinden kann.

Weiterhin findet in diesem Bereich des Damerower Weges viel Fuß- und Radverkehr statt. Besonders in den Sommermonaten findet auf diesem Teil der Straße Gartenverkehr statt, welcher die schlechten Bedingung der Straße verstärkt.

Um keine Unfälle zu erzeugen und alle Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer in dieser Straße zu schützen, wurde einen Geschwindigkeitsreduzierung auf 10 km/h vorgenommen.“ (Originaltext incl. Rechtschreibfehler)

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Das Geschehen

Tatort: Damerower Weg in Fahrtrichtung Neuer Friedhof vom Biestower Damm aus. Am 17.08.2025 gegen 12 Uhr überholte ein dunkelgrauer leicht eingestaubter Mercedes E220 CDI in Höhe Eingang Reiterhof unter Missachtung aller gebotenen Vor- und Rücksicht Monika auf dem einspurigen Fahrrad. Wenige Meter weiter, vor der Durchfahrtbeschränkung, stellte sich der Mercedes auf das Straßenbegleitgrün. (In die Straße einfahren, um dort zu parken ist kein Anliegergebrauch). Auf die Frage, ob er denn die Straßenverkehrsschilder am Beginn der Straße, insbesondere das 10 km/h- Schild nicht gesehen habe, gab es sogleich einen verbalen Angriff auf Monika. Seine Auffassung: Sie hätte ihn absichtlich behindert und quasi blieb ihm gar nichts anderes übrig, als sie unter Inkaufnahme der Schädigung zu überholen. Verkehrshindernis ist, wer bei erlaubten 10 km/h schon 20 km/h fährt? Oder wer hat ihm ins Ohr geflüstert, dass Fahrräder unisono Verkehrshindernisse und nicht Verkehrsteilnehmer sind? Obwohl der asphaltierte Bereich in diesem Abschnitt nur ca. 3,40 m breit ist und demzufolge ein regelkonformes Überholen unmöglich ist, meinte er uneinsichtig, dass sich Monika zu breit mache. Dabei war sie höchstens halb so breit wie der Mercedes. Leidet er an kognitiver Verzerrung?

Wäre die lebenserfahrene Monika doch nur ein flottes Auto gewesen und mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gefahren, dann wäre der Mercedes nicht auf diese abstruse Idee gekommen.

Die Behörden meinen, Schilder aufstellen und Fahrrädern niedrige Geschwindigkeiten zu gebieten oder gar gleich Fahrrad fahren zu verbieten, löse Probleme. Was würde Albert Einstein sagen? „Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert.“

Ignoranz ist die Kunst mit offenen Augen nicht sehen zu wollen. © K. Weber

Gartenverkehr“ (Foto von Sergej Warkentin auf Unsplash)

Ortsbus Südstadt – Streckenerweiterung über den Biestower Damm

Vertreter der RSAG stellten auf der Biestower Ortsbeiratssitzung am 19.11.24 die veränderte Streckenführung der Buslinie 26 vor. Die Buslinie verbindet ab 7. Januar 2025 die Straßenzüge vom Südblick, Weidendamm, Biestower Damm, Robert-Koch-Straße, Südring, Majakowskistraße, Zur Mooskuhle, Hauptbahnhof und dann in Richtung Tweel. Wochentags soll die Linie alle 30 und Sonntag alle 60 Minuten verkehren.

Vorerst entstehen im Biestower Damm/ Robert-Koch-Straße die Behelfshaltestellen „Neue Reihe“ und „Robert-Koch-Straße“. Die hohen Kosten ortsüblicher Haltestellen (ca. 100.000 Euro) verhindern die Annehmlichkeit von Wartehäuschen, Bank und Mülleimer.

Ob der Bus seine Fahrpläne einhalten wird? Bedenken bestehen aus mehreren Gründen:

1. Der Biestower Damm wird von Alteingesessenen auch als Knüppeldamm bezeichnet. Ein Linienbus wiegt um die 23 Tonnen. Die dynamische Achslast hat den stärksten Einfluss auf die Lebensdauer einer Straßenbefestigung, welche es angesichts des Bildes nicht gibt. Regelmäßige Ausbesserungsarbeiten werden an der Tagesordnung sein.

Aufbau ?

2. Der Biestower Damm ist ein ausgewiesener Schleichverkehrs-Damm in Rostock. In den Belastungsspitzen stauen sich spätestens in der Robert-Koch-Straße die Kraftfahrzeuge, welche in den Südring einbiegen wollen.

3. Der Biestower Damm ist Teil des Radfernweges Berlin-Kopenhagen! Die Fahrbahnbreite lässt ein Überholen nach §5 StVO (Beim Überholen mit Kraftfahrzeugen von zu Fuß Gehenden, Rad Fahrenden und Elektrokleinstfahrzeug Führenden beträgt der ausreichende Seitenabstand innerorts mindestens 1,5 m und außerorts mindestens 2 m.) nur an wenigen Stellen zu. Das ist weder für Busfahrer/ Insassen noch für Radfahrer befriedigend.

4. Der öffentliche Verkehrsraum Biestower Damm ist insbesondere für Fußgänger mit einem hohen Gefahrenpotential verbunden. Der für die Bedürfnisse des modernen Verkehrs ungeeignete Gehweg befindet sich im steten Seitenwechsel immer nur auf einer Seite. Die Breite zwischen 0,70 m und 1,50 m incl. Sicherheitstrennstreifen entspricht etwa der Hälfte welcher fachgerecht notwendig ist. Laut Statista ist Mecklenburg-Vorpommern mit 12.059 schwerbehinderten Personen je 100.000 Einwohnern das Bundesland mit der höchsten Schwerbehinderten-Quote (Stand 14.11.2024). Gehwege müssen wie in diesem Fall 2-Richtungs-Wege sein. Sie müssen Langstock und Rollstuhl geeignet sein!

Beidseitig befinden sich Wohnhäuser und ab Januar mehrere Haltestellen. Mehr vulnerable Menschengruppen benutzen durch den Bus die Fußwege. Auf den Bus wartende und aussteigende Menschen blockieren den Gehweg für die gehenden und rollenden Fußgänger. Wie sollen sich Kinder, die lt. StVO bis zum vollendeten 8. Lebensjahr auf Gehwegen Fahrrad fahren müssen und deren Aufsichtspersonen, sich bei Gegenverkehr verhalten? Absteigen und schieben? Dann allerdings greift der § 25 StVO ((2) Wer zu Fuß geht und Fahrzeuge oder sperrige Gegenstände mitführt, muss die Fahrbahn benutzen, wenn auf dem Gehweg oder auf dem Seitenstreifen andere zu Fuß Gehende erheblich behindert würden.)

Straßenabschnitt am Dorfteich mit halben Gehweg und „Kampfradler“

Noch ein Beispiel aus Biestow:

Die Fahrbahn der Tempo 30-Zone im Wohnpark Biestow ist so schmal, dass sich begegnende Fahrzeuge gefähren können. Busse sind ca. 2,50 m breit, ein gewisser Abstand zu rechts parkenden Kfz oder Bordsteinkante ist einzuhalten. Zu Radfahrern muss innerorts mindestens 1,50 m seitlicher Abstand beim Überholen sein. Nimmt man die Breite von Menschen und die Pendelbewegung um die eigene Achse hinzu, ist eine Fahrbahnbreite von mehr als 6m nötig.

Weidendamm, links befindet sich die Kita

Eine Straße ist nicht nur ein Verkehrsbauwerk des Landverkehrs, das Fußgängern und Fahrzeugen als Transport- und Verkehrsweg vor allem für den Personen-, Güter- und Tiertransport zur Ortsveränderung dient. Sie ist je nach ihrer Gestaltung Entfaltungs- und Kommunikationsraum und prägt die Wahrnehmung eines Ortes.

Wer sich für die Interessen von Fußgängern einsetzt, ist herzlich eingeladen aktiv zu werden. Z.B. beim Vereinsprojekt 9 – Wege.

Spezielle Informationen zum Thema ÖPNV und Fußwege können bei der Online-Fuss-Verkehrs-Akademie erworben werden:

Über 95 % der ÖPNV-Reisenden in Städten sind die Hälfte der Reisezeit von Tür zu Tür Zufußgehende. Die Reisenden gehen zur oder von der Haltestelle, warten oder steigen um. Der Stadtraum beeinflusst, wie sicher, effektiv und attraktiv das Gehen, Warten und Umsteigen ist. Daher sind Stadträume nicht nur essenziell für die Gehenden, sondern auch für Nutzung des ÖPNV. Dazu referiert Helge Hillnhütter von der Norwegian University of Science and Technology in unserer nächsten FUSSverkehrs-Akademie.

⏰Wann? Donnerstag, den 5. Dezember, 18-19 Uhr

📍 Wo? Online (Zoom).

➡️Hier geht’s zur Anmeldung: https://www.fuss-ev.de/anmeldung-akademie (Den Teilnahmelink schicken wir einige Tage vor dem Seminar.)

Für den Vorstand Gabriele Köpke