Zur Teilung einer Kleingartenanlage und wie mit wichtigen naturschutzrechtlichen Daten umgegangen wird

Der „alte“, aber geltende Flächennutzungsplan soll nun doch noch abgeändert werden. Weil eine als Grünland ausgewiesene Kleingartenanlage durch eine Straße bereits geteilt wurde. Die vorliegende Unterlage wird die planungsrechtliche Grundlage für den bereits ausgelegten Bebauungsplan 09.W.190 darstellen. Allen Beteiligten ist klar, dass damit Rechtssicherheit erzeugt werden soll, um sich ergebende oder bestehende Widersprüche zwischen bestehenden FNP und bereits „erzeugtem“ B-Plan zu entkräften.

Es ist bemerkenswert, dass die Verwaltung hier offensichtlich auf Argumente eingeht, die sich im Stellungnahmeverfahren zum eben genannten B-Plan ergeben haben. Insofern ist es befremdlich – und deshalb möchten wir Sie darauf hinweisen -, dass nicht alle vorliegenden Tatsachen berücksichtigt wurden.

Unser Verein hat in seiner Stellungnahme zum Auslegungsbeschluss zum o.g. B-Plan mit einem Fachgutachten im Hinblick auf die dort festgestellten Amphibien (u.a. Rote-Liste-Arten) im Gebiet einer zukünftigen Bebauung im Plangebiet deutlich hingewiesen.

In der vorliegenden Begründung zur Änderung des FNP heißt es u.a. auf S. 10: „Es wurden im gesamten Untersuchungsgebiet drei Amphibienarten bzw. –artenkomplexe nachgewiesen. Dies gilt für die Erdkröte, den Teichmolch und Wasserfrosch-Komplexe. Im Bereich der Umnutzung der KGA „Satower Straße e.V.“ konnten Erdkröten und 2 Wasserfrosch-Komplexe nachgewiesen werden. Die Empfindlichkeit für das Schutzgut Tiere ist für den gesamten Raum als mittel einzuschätzen, da gefährdete Arten vorkommen und diesen zumindest als Nahrungsraum nutzen. Es sind aber keine vom Aussterben bedrohten oder stark gefährdete Arten vorhanden.“

Die Abweichungen zu unserem Fachgutachten sind gravierend: tatsächlich wurden auch noch Knoblauchkröte, Moorfrosch, Rotbauchunke, Kammmolch, Laubfrosch ermittelt – alles streng geschützte Arten, die die KGA sowohl als Winter- als auch Sommerlebensraum und als Reproduktionsgebiet nutzen.

Darüber hinaus ist es eine Frechheit, bei einer Teilung einer KGA mit Ihrem Wert für die Ökologie der Stadt darauf abzustellen, dass aufgrund Größe und Inhalt der Änderung die Grundzüge der Planung des Flächennutzungsplans nicht berührt werden und es würden keine Vorhaben vorbereitet, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegen. Welchen Wert stellt diese KGA noch dar? Warum werden außerhalb jeder rechtlich zulässigen Art und Weise Tatsachen einer Verkehrstrasse geschaffen, ohne entsprechende Verfahren zum Abschluss zu bringen?

„Ein Umweltbericht wird nicht erstellt. Da es sich um ein Parallelverfahren handelt, können aber entsprechend § 2 Abs. 4 BauGB die Ergebnisse der Umweltprüfung des Bebauungsplans gleichzeitig für den Flächennutzungsplan genutzt werden. Relevante Belange dieses Umweltberichts werden in die Begründung des Flächennutzungsplans übernommen.“ Auch das ist eine Frechheit – Parallelverfahren ist es schon deshalb nach vernünftigem Menschenverstand nicht mehr, da Stellungnahmen im Rahmen der Auslegung des B-Plan bereits erfolgten, aber nicht öffentlich abgewogen wurden, und: rote Liste Arten sind in diesem Planungsbereich durch unser Gutachten nachgewiesen und liegen der Stadtverwaltung vor. Sie werden verschwiegen, da man nur auf eigene Gutachten und Berichte abstellt und bewusst andere Erkenntnisse verschweigt bzw. außer Acht lässt.

In einer Stellungnahme der Verwaltung vom 14.02.2019 auf eine Anfrage von Fr. Dr. Bachmann zur Einhaltung von § 44 Bundesnaturschutzgesetz bei Kleingartenräumungen schreibt Senator Bockhahn: „Im Falle der Beräumung der Kleingartenanlage „Groter Pohl“ ist die Beauftragung einer ökologischen Baubegleitung leider ausgeblieben. Im Falle des Rückbaus der Kleingartenanlage im B-Planbereich „Kiefernweg“ wie auch bei den andernorts folgenden Rückbauarbeiten wird zukünftig der Einsatz von ökologischen Baubegleitungen sichergestellt.“

Da zu diesem Zeitpunkt die Beräumung der KGA Satower Straße bereits erfolgt war, wurde diese Beräumung offensichtlich rechtswidrig ohne ökologische Baubegleitung durchgeführt.

Wir haben den Ortsbeirat Biestow, die Fraktionen der Bürgerschaft, den NABU und den BUND M-V „ermuntert“, als unterste Stufe der Kommunalpolitik und Verbände sich Klarheit zu verschaffen und die Verwaltung um Unterrichtung aller vorliegenden Umweltbelange zu bitten. Insbesondere auch derer, die im Rahmen des Stellungnahmeverfahrens durch Träger öffentlicher Belange, Initiativen, Vereine und motivierte Mitbürger abgegeben wurden.

Die Bürgerschaft wird in ihrer Maisitzung (und damit in ihrer letzten Sitzung in dieser gewählten Zusammensetzung) diese Vorlage unserer Auffassung nach beschließen.

Die Demokratie schafft sich ab – eine öffentliche Reaktion auf das Agieren in der KGA Satower Straße

Wir veröffentlichen an dieser Stelle einen Brief von Nils Goldammer, der das Vorgehen von Verwaltung sehr deutlich beschreibt.

„Sehr geehrte Damen und Herren,

dies ist ein offenes Informationsschreiben an alle demokratisch gewählten Vertreter der Hansestadt Rostock sowie andere politisch interessierte und ehrenamtlich engagierte Personen in unserer schönen Stadt. Es geht an alle, die mit viele Herzblut aus ihrer sonst knappen Zeit im Alltag noch eine Scheibe abschneiden, um mit viel ehrenamtlichen Engagement ihr Möglichstes tun, um unsere Hansestadt zu einem vielseitigen und vielschichtigen Ort zu machen. Ein Ort der Demokratie, wo der größtmögliche Konzens aller Einzelstimmen das Wohl unser Stadt und damit aller Bürgerinnen und Bürger prägt.

Vielen Dank für Ihr tägliches Engagement.

Fangen Sie aber lieber damit an, etwas sinnvolles mit Ihrer Zeit zu machen. Denn es bring nichts. Die Demokratie schafft sich gerade ab.

Warum?

Weil der Stiefel der städtischen Verwaltungen seit nun mehr einer Woche dabei ist, ein Teil der Kleingartenanlage Satower Straße in Schutt und Asche zu trampeln (siehe Foto im Anhang) und mit ihr auch alle demokratischen Regeln .

Denn Fakt ist,

– dass die Bürgerschaft am 05.04.2017 der Aufstellung des Bebauungsplan Nr. 09.W.190 „Wohngebiet Kiefernweg“ zu gestimmt hat.

– dass am 08.11.2017 durch die Bürgerschaft der Veröffentlichung des Entwurfes zum Bebauungsplan zugestimmt wurde.

– dass im Rahmen der öffentlichen Auslegung eine Vielzahl von Stellungnahmen von Rostocker Bürgerinnen und Bürger eingereicht wurden. Dabei wurde vielfach die Verkehrsanbindung kritisiert, die ein Anbindung mitten durch die KGA Satower Straße vorsieht anstatt den bereits vorhandenen Kiefernweg zu nutzen.

– dass eine für das erste Quartal geplante Beschlussfassung für den B-Plan Kiefernweg nun frühstens im Herbst 2019 zur Abstimmung eingebracht wird. Hintergrund ist die gestellte Frage, ob es Rechtens ist, durch eine im Flächennutzungsplan als Kleingartenanlage festgelegt Fläche einfach eine Straße zu bauen. Nach Prüfung der städtischen Juristen ist dies nicht Rechtens. Hier bedarf es zuerst einer Änderung des Flächennutzungsplans.

– dass für den Satzungsbeschluss des B-Plans nun vorab der Flächennutzungsplan geändert werden muss mit allen demokratisch festgelegten Schritten, die dafür notwendig sind (Bürgerschaftsbeschluss, öffentliche Auslegung und und und). Dies soll aber nicht im Rahmen der gerade stattfindenden generellen Überarbeitung geschehen, sondern als Änderung im aktuell gültigen Flächennutzungsplan.

Also kann festgehalten werden, dass der demokratische Weg für die ordnungsgemäße Aufstellung des B-Plans noch längst nicht abgeschlossen ist. Es sind noch viele Hürden zu nehmen, bevor er beschlossen wird. Und wer sagt der Stadtverwaltung, dass er genau so beschlossen wird, wie er derzeit in den Köpfen der Planer existiert?

Die Ignoranz gegenüber der Demokratie sagt es. Die Ignoranz, die Tatsachen schafft, bevor eine rechtsgültige Abstimmung ihr handeln legitimiert hat. Die Ignoranz, die offenen allen gewählten Vertretern der Hansestadt und damit alle Bürgerinnen und Bürgern ins Gesicht spuckt und sagt:

„Was willst Du denn machen? Gegen die Änderung des Flächennutzungsplan stimmen? Gegen den Aufstellungsbeschluss des B-Plans wegen einer Verkehrsanbindung? Jahres lange Planen und Geld ausgeben wegen ein paar Bürgereinwendungen und ein paar politischen Meinungen zunichte machen? Nein, das brauchst Du doch gar nicht. Da stehen doch gar keine Lauben mehr, kein Baum, nichts mehr da! Wie steht die Stadt denn da, wenn jetzt der ganzen Sachen eine Abfuhr erteilt wird? Also hebt mal alle brav die Hände und sagt: Ja. Vielen Dank. Wir machen weiter.“

Das Meinungen und Hinweise von Bürgerinnen und Bürger durch die Stadtverwaltung zumeist mit den Füßen getreten werden, bin ich schon seit einiger Zeit gewohnt. Aber dass mit demokratischen Grundprinzipien so dreist und schamlos umgangen werden, ist mir neu. Klar kann man sagen: „Die Gärten sind gekündigt. Die Flächen gehören der Stadt. Und wenn ein Kleingärtner die Fläche zurückgibt, dann laut Gesetz als erdbraune Fläche. Das haben nur wir jetzt übernommen. Also was wollt ihr?“

Dazu kann ich nur sagen, freie und unbestimmte Demokratie. Wo man Meinungen äußern und Entscheidungen treffen kann, ohne eine Pistole auf die Brust gedrückt zu bekommen. Das scheint nur in Rostock langsam nicht mehr möglich. Die Demokratie schafft sich ab.

Nils Goldammer

P.S. Als öffentlicher Brief darf dieses Schreiben gerne an alle Interessierte weitergeleitet werden.“