Es tut sich was in Papendorf! Was hat das mit Biestow zu tun?

Die Gemeinde Papendorf hat am 28.05.2024 beschlossen, den endgültigen Entwurf ihres Bebauungsplan Nr. 24 „Am Schwanen-Soll“ auszulegen. Laut Ankündigung des Amts Warnow-West werden der Bebauungsplan mit den zugehörigen Unterlagen zwischen dem 24.07. und dem 24.08.2024 zur Einsicht- und Stellungnahme öffentlich ausgelegt. In dieser Zeit kann jeder eine Stellungnahme zu den Plänen abgeben.

Die amtliche Bekanntmachung und alle auszulegenden Unterlagen (Bebauungsplan, Begründung, Umweltbericht, Schalltechnische Untersuchung usw.) kann man bereits jetzt auf der Website des Amts einsehen: https://www.amt-warnow-west.de/gemeinde-papendorf-amtliche-bekanntmachung-bebauungsplan-nr-b24-am-schwanen-soll-auslegung-entwurf

Das Plangebiet grenzt an die vorhandene Wohnbebauung an der südöstlichen Ecke des Wohnparks Biestow, so dass die dortigen Anwohner in besonderem Maße von den Planungen betroffen sind. Da die Planungen aber auch grundlegende Weichenstellungen für eine Bebauung der südlichen und westlichen Biestower Feldflur enthalten, ist letztlich jeder Einwohner betroffen.

Eine plastische 3D-Darstellung des Bebauungsplans mit den zukünftigen Bebauungsmöglichkeiten zusammen mit der vorhandenen Wohnbebauung kann man sich unter diesem Link https://www.gross-biestow.de/BPlan_Papendorf_Entwurf_28-06-2024_3D/ von allen Seiten ansehen (evtl. längere Ladezeiten).

So könnte eine zukünftige Bebauung auf Papendorfer Gemeindegebiet aussehen.
Blick über die geplanten Sondergebiete auf die Wohnbebauung am Sildemower Weg.

Zum Verständnis: Ein rechtsverbindlicher Bebauungsplan besteht aus den zeichnerischen Festsetzungen im Planteil A und den textlichen Festsetzungen (TF) im Textteil B. Nachrichtliche Hinweise und alle anderen Unterlagen (Begründung usw.) sind zwar notwendig, entfalten aber keine unmittelbare Rechtswirkung. Stellungnahmen sollten sich also vor allem auf die Festsetzungen des eigentlichen Bebaungsplans beziehen. Zulässig sind aber auch allgemeine Anmerkungen und begründete Kritik am Verfahren und an den zugehörigen Unterlagen.

Ein Vorentwurf des Bebauungsplans war bereits im Juli 2023 frühzeitig ausgelegt worden. Der Verein „Leben in Biestow e.V.“ hat zu diesem Vorentwurf am 31.07.2023 eine umfangreiche Stellungnahme abgegeben. Nach einer ersten Durchsicht des nun vorliegenden Entwurfs und der weiteren Unterlagen fallen einige beispielhafte Ungereimtheiten und Veränderungen gegenüber dem Vorentwurf ins Auge:

1) Die tatsächlichen Größen der beiden Baufelder SO 1 und SO 2 entsprechen nicht den Angaben in der Flächenbilanzierung auf Seite 18 der Begründung zum Entwurf (dort 8930 m² bzw. 7484 m²). Laut Planzeichnung hat das Baufeld SO 1 eine Fläche von nur ca. 8200 m². Dafür hat das Baufeld SO 2 sogar eine Fläche von ca. 9100 m² (ermittelt durch Digitalisierung). Die selbst ermittelten Flächengrößen decken sich in etwa mit den Flächensummen auf Seite 78 des Umweltberichts.
Die Flächendifferenzen haben Auswirkungen auf die Größe der maximal überbaubaren Grundstücksfläche und der zukünftigen Baukörper. Rechtlich bindend ist immer die Darstellung in der Planzeichnung.

2) Veränderungen bei den Baugrenzen (blaue Linien):
Da ein Mindestabstand von 13,5 m zu der südlich vorhandenen Trinkwasserleitung eingehalten werden muss, wurden die Baugrenzen innerhalb der beiden Sondergebiete verschoben und im Norden, Westen und Osten bis fast an die Ränder der Baufelder erweitert. Das Baufeld SO 2 wurde im Norden vergrößert. Die zukünftige Bebauung kann nun in den beiden Sondergebieten näher an die vorhandene Wohnbebauung in Biestow heranrücken.

3) Veränderungen beim Baufeld SO 1 (Nahversorgung/Wohnen):
In diesem Baufeld ist die Abgrenzung unterschiedlicher Maße der Nutzung entfallen. Bauwerke dürfen nun generell eine Höhe von 18 m haben, ebenso sind nun überall 5 Vollgeschosse zulässig. Die Grundflächenzahl (GRZ) wurde von 0,6 auf 0,8 erhöht. Damit wird ein deutlich größeres Bauvolumen ermöglicht.

4) Veränderungen beim Baufeld SO 2 (Pflege/Wohnen):
Im nördlichen Teil des Baufeldes wurde die maximal zulässige Bauhöhe von 12 m auf 10 m reduziert. Im Norden sind nun generell 3 Vollgeschosse und im Süden generell 5 Vollgeschosse zulässig. Im gesamten Baugebiet muss das oberste Geschoss erst ab dem 4. Vollgeschoss als Staffelgeschoss ausgebildet werden (vorher bereits ab dem 3. VG).

5) Die Baufelder WA 2 bis WA 5 wurden an der Südseite vergrößert und die angrenzende Grünfläche verkleinert. Dazu wurde auch das Plangebiet im Süden geringfügig erweitert. Die Plangebietsgrenze stimmt dort nicht mehr mit den neugebildeten Katastergrenzen überein.

Und noch einige Anmerkungen zur schalltechnischen Untersuchung:

Auf Seite 4 der Untersuchung steht: „Im Ergebnis zeigt die vorliegende schalltechnische Untersuchung, dass eine Überschreitung der Orientierungswerte […] durch Gewerbelärm nicht zu erwarten ist, wenn die in Abschnitt 7.6 aufgeführten Maßnahmen bei der weiteren Planung des Lebensmitteleinzelhandels berücksichtigt werden.“ Das Dokument enthält leider keinen Abschnitt 7.6. Vielleicht sind die Abschnitte 6.3.6 und 6.3.7 gemeint. Dort werden aber vordergründig nur Maßnahmen geschildert, die dem Schutz der im Gebäude selbst wohnenden Menschen dienen.

Das Immissionsraster der Schallausbreitung in den Anlagen 4.1 und 4.2 zur Untersuchung reicht nur genau bis zur Stadtgrenze. Interessant für die Beurteilung der Belastung der vorhandene Wohnbebauung am Sildemower Weg wäre aber die weitere Darstellung auch auf der städtischen Seite.

Die in den eben genannten beiden Anlagen dargestellte beispielhafte Bebauung im Bereich der Sondergebiete entspricht bereits jetzt nicht mehr den aktuellen Möglichkeiten nach den geänderten Festsetzungen des Bebauungsplanes. An der Nordseite des Nahversorgers werden sich die Lärmquellen häufen: Schneckenverdichter Müllentsorgung, Kältetechnische Außengeräte, Laderampe (Kühllaster), Bewegungsflächen Lieferverkehr, Balkone vor den geweblich genutzten Räumen (Hotel, Boardinghaus) usw.

Alle Möglichkeiten aktiver Schallschutzmaßnahmen und der Nachweis deren Wirksamkeit werden auf die Ebene der späteren Baugenehmigung verlagert. Der Bebauungsplan selbst enthält zum Thema aktiver Lärmschutz im Zusammenhang mit dem Gewerbebau im SO 1 und der nördlich vorhandenen Wohnbebauung überhaupt keine rechtlich wirksamen Festsetzungen. Sinnvoll wäre z. B. die Festsetzung eines begrünten Lärmschutzwalls nach § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB an der nördlichen Grundstücksgrenze.

In den bereits vorliegenden Umweltbezogenen Stellungnahmen „empfiehlt“ die Untere Immissionsschutzbehörde des Landkreises Rostock, das Rostocker Amt für Umwelt- und Klimaschutz am Verfahren zu beteiligen. Das sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Eine Stellungnahme von Rostocker Seite liegt bislang allerdings nicht vor.